21 Chainalysis und die Krypto-Kriminalität
Der jährlich erscheinende Crypto Crime Report der Analysefirma Chainalysis gilt zwar als Massstab in der Branche, doch seine Methoden sind weder ausreichend transparent noch umfassend validiert.
Die systematische Unterschätzung von Kriminalität durch enge Definitionen, die fehlende Berücksichtigung indirekter Geldflüsse und mangelnde wissenschaftliche Überprüfung führen zu einem verzerrten Bild. Bisher gibt es keine allgemein akzeptierte, seriöse Schätzung zur Dunkelziffer von Krypto-Verbrechen.

Details für Nerds:
Die weltweite Verfügbarkeit von Kryptowährungen und ihr hohes Mass an Anonymität machen sie attraktiv für Verbrechen – vom Handel im Darknet über Lösegeldzahlungen bei Ransomware-Attacken, Geldwäsche, brechen von Embargos. Die Analysefirma Chainalysis, deren jährlich erscheinender Crypto Crime Report oft als Referenz herangezogen wird, beschwichtigt: Der Anteil krimineller Transaktionen sei gering, die Branche sei sehr gesetzestreu. Doch darüber streiten sich die Gelehrten.
Chainalysis selbst bemängelt, dass bei Binance-Analysen Gelder aus Hacks und Ransomware nicht berücksichtigt werden – obwohl diese laut eigenen Daten fast bei 1,7 Milliarden US-Dollar liegen, die über Zwischenadressen auf Plattformen gelangen, bevor sie erfasst werden. Für das Jahr 2024 gibt Chainalysis inzwischen zu, dass das tatsächliche Ausmass der Krypto-Kriminalität mit über 51 Milliarden US-Dollar deutlich höher liegt als bisher berichtet.
TRM Labs und andere Experten kritisieren, dass Chainalysis nur direkte Transaktionen von bekannten illegalen Wallets zu grossen Börsen als "illicit flow" erfasst. Geldwäsche über Zwischenadressen bleibt so unberücksichtigt. Einige Kritiker sprechen von "Junk Science" (Pseudowissenschaft), da Chainalysis keine nachgewiesenen Fehlerraten, Peer-Reviews oder wissenschaftlichen Validierungen für seine heuristischen Methoden vorlegt. Besonders umstritten ist das sogenannte "Wallet-Clustering", eine Methode, mit der Transaktionen bestimmten Wallets zugeordnet werden. In Gerichtsverfahren, etwa im Fall Bitcoin Fog, wurden tiefgreifende Fehler dieser Heuristiken offengelegt: 64 % der Zuordnungen waren falsch.
Und natürlich fragt man sich: Warum tauchen in den Reports nie die grossen Krypto-Superschurken auf, die in den letzten Jahren verhaftet wurden?